Wohlstand ist in Deutschland ungleich verteilt. Während manche Regionen von hoher Wirtschaftsleistung, steigenden Immobilienpreisen und Fachkräftezuwanderung profitieren, kämpfen andere mit hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen und einer überdurchschnittlichen Armutsgefährdungsquote. In dieser Liste betrachten wir zehn Städte und Regionen, die nach aktuellen Kennzahlen zu den ärmsten in Deutschland gehören.
Als zentrale Indikatoren dienen die Armutsgefährdungsquote (Anteil der Menschen mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens), die Grundsicherungsquoten (z. B. Bürgergeld, SGB II) sowie ergänzend Daten zu Arbeitslosigkeit und mittleren Einkommen. Die Einordnung stützt sich auf Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts, der Statistischen Landesämter, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wissenschaftlicher Institute und kommunaler Sozialberichte.
Übersicht
1. Gelsenkirchen
Gelsenkirchen gilt seit Jahren als Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet – und für seine Schattenseiten. Der Zusammenbruch des Montansektors, ein relativ schwacher Dienstleistungssektor und vergleichsweise niedrige Löhne haben dazu geführt, dass große Teile der Stadt unter Einkommensarmut leiden. Viele Quartiere sind von hoher Arbeitslosigkeit und einem überdurchschnittlichen Bezug von Bürgergeld geprägt.
Besonders dramatisch ist die Lage bei Kindern und Jugendlichen: Studien zur Kinderarmut zeigen, dass in Gelsenkirchen bundesweit einer der höchsten Anteile von Kindern in Grundsicherungsbezug zu finden ist. Gleichzeitig ist die Stadt auf Förderprogramme angewiesen, um Schulen, Quartiere und Infrastruktur zu stabilisieren und Abwanderung zu begrenzen.
- Armutsgefährdungsquote in der Region Emscher-Lippe deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
- Sehr hohe SGB-II-/Bürgergeld-Quote, in einzelnen Quartieren lebt ein erheblicher Teil der Bevölkerung von Grundsicherung.
- Extrem hohe Kinderarmut: ein großer Anteil der unter 18-Jährigen wächst in Haushalten mit Grundsicherungsbezug auf.
- Regionstyp
- Großstadt im Ruhrgebiet (Nordrhein-Westfalen)
- Sozialindikatoren
- Hohe Armutsgefährdungs- und Grundsicherungsquoten, insbesondere bei Kindern und Erwerbslosen
- Aktuelle Entwicklung
- Leichter Rückgang der Armutsgefährdung in NRW insgesamt, Gelsenkirchen bleibt aber Schlusslichtregion
- Datengrundlage
- Mikrozensus, Sozialberichterstattung NRW, Armutsbericht 2024/2025
- Quelle
- Der Paritätische – Armutsbericht 2025
2. Bremerhaven
Bremerhaven ist die wohl deutlichste Problemregion im Norden. Die Hafen- und Werftenkrise, der Rückgang klassischer Industriearbeitsplätze und ein vergleichsweise kleines Umland führen dazu, dass viele Menschen nur geringe Einkommen erzielen oder auf Sozialleistungen angewiesen sind. Die Stadt verzeichnet seit Jahren eine der höchsten Armutsgefährdungsquoten Deutschlands.
Besonders auffällig: Die Armutsgefährdung liegt deutlich oberhalb des Bundesdurchschnitts, und die Spanne zwischen wenigen gutverdienenden Haushalten und einer großen Gruppe einkommensarmer Haushalte ist groß. Gleichzeitig versucht Bremerhaven mit Bildungs- und Stadtentwicklungsprogrammen, die Lage zu stabilisieren und neue Wirtschaftszweige (z. B. Offshore-Windenergie, Logistik) anzusiedeln.
- Armutsgefährdungsquote 2023 deutlich über 30 % und damit mehr als 15 Prozentpunkte über dem Bundeswert.
- Überdurchschnittliche Abhängigkeit von Transferleistungen und hohe Arbeitslosigkeit.
- Starke Binnenwanderung: Wegzug besser Qualifizierter und Zuzug einkommensschwacher Haushalte verstärken die Lage.
- Regionstyp
- Großstadt an der Nordsee im Land Bremen
- Armutsgefährdungsquote
- Über 35 % (Mikrozensus 2023, am Bundesmedian gemessen)
- Besonderheit
- Mit Abstand höchste Armutsgefährdungsquote unter den betrachteten Großstädten und Regionen
- Datengrundlage
- Mikrozensus 2021–2023, Auswertung des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung (BIAJ)
- Quelle
- BIAJ – Armutsgefährdungsquoten 2021–2023
3. Herne
Herne gehört wie Gelsenkirchen zu den kleineren Großstädten im Ruhrgebiet, die besonders stark von Zechenschließungen und dem Abbau industrieller Arbeitsplätze betroffen waren. Die Stadt verfügt nur über begrenzte Flächen für Neuansiedlungen und steht bei Steuereinnahmen und kommunalen Finanzen unter Druck. Das schlägt sich in einer hohen Armutsgefährdung und einer vergleichsweise großen Zahl von Bürgergeld-Haushalten nieder.
Der Anteil einkommensarmer Haushalte konzentriert sich auf bestimmte Quartiere mit dichter Bebauung und niedrigem Mietniveau. Kommunale Programme zu Bildung, sozialer Arbeit und Quartiersentwicklung sollen verhindern, dass Armut sich über Generationen verfestigt.
- Armuts- und Grundsicherungsquoten deutlich über dem NRW- und Bundesdurchschnitt.
- Viele Haushalte mit geringem Bildungsniveau und niedrigen Löhnen im Dienstleistungssektor.
- Ruhrgebietsweit eine der Städte mit besonders hoher Kinderarmut.
- Regionstyp
- Ruhrgebietskommune mit starkem Strukturwandel
- Sozialindikatoren
- Hohe SGB-II-Quoten, überdurchschnittliche Kinderarmut, deutlich erhöhte Armutsgefährdung
- Aktuelle Entwicklung
- Armutsquoten sinken nur langsam trotz besserer Arbeitsmarktdaten auf Bundesebene
- Datengrundlage
- Armutsbericht 2024/2025, Mikrozensus-Auswertungen, Landesstatistik NRW
- Quelle
- Der Paritätische – Armutsbericht 2025
4. Duisburg
Duisburg verbindet einen großen Binnenhafen, Stahlwerke und Logistik mit stark belasteten Wohnquartieren. Während einige Unternehmensbereiche international wettbewerbsfähig sind, erreicht der Wohlstand viele Stadtteile kaum. Die Armutsgefährdungsquote in Duisburg liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt, und insbesondere Kinder und Alleinerziehende sind betroffen.
Studien zeigen, dass die Kinderarmut in Duisburg – gemessen an SGB-II-Bezug – in der Spitzengruppe aller deutschen Großstädte liegt. Gleichzeitig kämpft die Stadt mit Folgen hoher Verschuldung, begrenztem Personal in Schulen und Jugendhilfe sowie einem hohen Anteil geringqualifizierter Beschäftigung.
- In früheren Jahren bundesweit höchste Armutsgefährdungsquoten unter Großstädten; auch 2022/2023 weiterhin sehr hohe Werte.
- Stadtteile mit SGB-II-Quoten bei Kindern von um oder über 30 %.
- Stark polarisierte Stadtstruktur: wohlhabendere Randlagen versus benachteiligte Innenstadtquartiere.
- Regionstyp
- Großstadt im westlichen Ruhrgebiet, wichtiger Hafen- und Industriestandort
- Armutsindikatoren
- Armutsgefährdungsquote als Großstadt deutlich über dem Bundeswert, sehr hohe Kinderarmut
- Aktuelle Trends
- Leichte Entspannung durch Arbeitsmarkt, gleichzeitig steigende Belastung durch Mieten und Energiepreise
- Datengrundlage
- Mikrozensus 2021–2023, Stadt- und Landesstatistik NRW, Armutsberichte
- Quelle
- Sozialpolitik Aktuell – Datenbank Einkommen & Armut
5. Halle (Saale)
Halle (Saale) steht wie viele ostdeutsche Städte vor einer doppelten Herausforderung: demografischer Wandel und wirtschaftliche Umbrüche seit den 1990er-Jahren. Die Region Halle weist eine im Landesvergleich hohe Armutsgefährdungsquote auf, sowohl bei Familien als auch bei älteren Menschen. Trotz Universität, Forschungseinrichtungen und Kulturangeboten profitieren viele Bewohner nur begrenzt vom wirtschaftlichen Potenzial.
Besonders problematisch sind niedrige Löhne in Teilen des Dienstleistungssektors, befristete Beschäftigungsverhältnisse und eine vergleichsweise hohe Quote an Menschen ohne Berufsabschluss. Gleichzeitig locken günstige Mieten Menschen mit geringem Einkommen in die Stadt, was die soziale Schieflage verstärken kann.
- Region Halle/Saale mit der höchsten Armutsgefährdungsquote Sachsen-Anhalts.
- Überdurchschnittliche Risiken für Alleinerziehende und kinderreiche Familien.
- Gleichzeitig wachsender Hochschul- und Forschungsstandort mit stark segmentiertem Arbeitsmarkt.
- Regionstyp
- Ostdeutsche Großstadt und Oberzentrum (Sachsen-Anhalt)
- Armutsgefährdungsquote Region
- Rund 17 % (Region Halle/Saale, gemessen am regionalen Median, 2023)
- Besonderheit
- Gleichzeitiges Auftreten von Wachstumsinseln (Wissenschaft) und stark belasteten Wohnquartieren
- Datengrundlage
- Mikrozensus 2023, Landesstatistik Sachsen-Anhalt
- Quelle
- Statistik Sachsen-Anhalt – Armutsgefährdung
6. Wuppertal
Wuppertal ist ein klassischer Industriestandort mit langer Textil- und Werkzeugtradition, der sich zu einem Dienstleistungs- und Hochschulstandort wandelt. Dennoch liegen viele Stadtteile in einem kritischen Bereich: Niedrige Einkommen, eine überdurchschnittliche Grundsicherungsquote und eine sichtbare Spaltung zwischen wohlhabenden und armen Quartieren prägen das Stadtbild.
Die Topografie mit Hanglagen, dichten Altbauquartieren und sozialen Brennpunkten erschwert teilweise die Erreichbarkeit von Angeboten. Kommunale Sozialplanungen und Quartiersprojekte versuchen, Benachteiligungen zu verringern, doch Armut und Bildungsarmut konzentrieren sich weiterhin in bestimmten Vierteln.
- Armutsgefährdung deutlich über dem Bundesdurchschnitt, insbesondere in kinderreichen und alleinerziehenden Haushalten.
- Hohe SGB-II-Betroffenheitsquoten in mehreren Stadtteilen.
- Starke räumliche Spaltung zwischen stabilen und hoch belasteten Quartieren.
- Regionstyp
- Großstadt im Bergischen Städtedreieck (Nordrhein-Westfalen)
- Sozialindikatoren
- Hohe Transferleistungsquoten, signifikante Kinderarmut, überdurchschnittliche Armutsgefährdung
- Datengrundlage
- Städtische Sozialberichterstattung, Mikrozensus, Landesstatistik NRW
- Quelle
- IT.NRW – Armutsgefährdung in NRW
7. Delmenhorst
Delmenhorst liegt im Schatten der Großstadt Bremen und ist Teil einer Region, in der die Armutsgefährdung traditionell hoch ist. Der Strukturwandel von Industrie und Handwerk hin zu Dienstleistungsjobs mit niedriger Entlohnung hat viele Haushalte unter Druck gesetzt. Hinzu kommen vergleichsweise niedrige Steuereinnahmen und begrenzte Spielräume im kommunalen Haushalt.
Durch die Nähe zu Bremen pendeln zwar viele Beschäftigte, dennoch bleibt in der Stadt selbst ein großer Teil niedriger Einkommen. Bildungsdaten zeigen, dass Schulabschlüsse und Ausbildungsquoten hinter dem Bundesdurchschnitt zurückbleiben, was die Armutsrisiken langfristig stabil hält.
- Armutsgefährdungsquote im Land Niedersachsen über dem Bundeswert, in Delmenhorst deutlich erhöht.
- Überdurchschnittliche Grundsicherungsquoten, insbesondere bei Kindern.
- Stadtentwicklung und Sozialpolitik versuchen, mit Bildungs- und Integrationsprogrammen gegenzusteuern.
- Regionstyp
- Mittelgroße Stadt im Land Niedersachsen, Teil der Metropolregion Bremen/Oldenburg
- Armutsindikatoren
- Überdurchschnittliche Armutsgefährdung, hoher Anteil einkommensarmer Haushalte
- Datengrundlage
- Mikrozensus 2023, Landesamt für Statistik Niedersachsen, kommunale Berichte
- Quelle
- LSN – Armutsgefährdung in Niedersachsen
8. Pirmasens
Pirmasens ist ein Beispiel für die Folgen einseitiger Industrialisierung: Der Niedergang der Schuhindustrie hat tiefe Spuren hinterlassen. Viele qualifizierte Arbeitsplätze sind verschwunden, und es entstanden überwiegend niedrig entlohnte Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich. Die Stadt kämpft mit Abwanderung, Bevölkerungsrückgang und einem unterdurchschnittlichen Einkommensniveau.
Studien und Landesberichte zeigen, dass Pirmasens zu den wirtschaftlich schwächsten Kommunen in Rheinland-Pfalz zählt. Die Armutsgefährdung ist hoch, insbesondere bei Kindern. Gleichzeitig versucht die Stadt, mit Bildungsprojekten, Stadtumbau und der Ansiedlung neuer Branchen gegenzusteuern.
- Mittleres Einkommen pro Einwohner deutlich unter dem Landesmittel Rheinland-Pfalz.
- Hohe Kinderarmut, in Landesstudien wiederholt mit Spitzenwerten ausgewiesen.
- Deutlicher Verlust industrieller Arbeitsplätze und langanhaltender Strukturwandel.
- Regionstyp
- Kreisfreie Stadt in Rheinland-Pfalz
- Einkommensniveau
- Mittleres Einkommen je Einwohner deutlich unter Landesdurchschnitt (aktuelle Armuts- und Reichtumsberichte)
- Armutsindikatoren
- Überdurchschnittliche Armutsgefährdung, hohe Kinderarmut
- Datengrundlage
- Landesarmuts- und Reichtumsbericht, kommunale Sozialberichte, Studien zu Kinderarmut
- Quelle
- Rheinland-Pfalz – Armuts- und Reichtumsberichte
9. Essen
Essen ist Sitz großer Konzerne und Hochschulen, aber auch eine Stadt mit starken sozialen Gegensätzen. Während der Süden Essens zu den wohlhabenderen Stadtteilen des Ruhrgebiets zählt, gibt es im Norden dicht bebaute Quartiere mit hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen und überdurchschnittlicher Kinderarmut. Die durchschnittliche Armutsgefährdungsquote der Stadt liegt klar über dem Bundeswert.
Untersuchungen zur Kinderarmut zeigen, dass in Essen ein hoher Anteil der Kinder in Familien lebt, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Gleichzeitig versucht die Stadt mit Bildungsprogrammen, Industrieflächenkonversion und Fördergebieten gegenzusteuern und neue Jobs in Dienstleistungen, Energie und Gesundheit zu schaffen.
- Armutsgefährdungsquote als Großstadt deutlich über dem deutschen Durchschnitt.
- Hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen im Bürgergeld-Bezug.
- Starke Nord-Süd-Spaltung beim Einkommen und bei Bildungs- sowie Gesundheitschancen.
- Regionstyp
- Großstadt im Ruhrgebiet (Nordrhein-Westfalen)
- Armutsindikatoren
- Großstadt mit hoher Armutsgefährdung und sehr hoher Kinderarmut
- Datengrundlage
- Mikrozensus, kommunale Sozialberichte, Armutsberichte
- Quelle
- Sozialpolitik Aktuell – Daten zu Großstädten
10. Magdeburg
Magdeburg hat sich seit der Wiedervereinigung zu einem wichtigen Industriestandort und Hochschulzentrum entwickelt, dennoch bleibt die Armutsgefährdung im Vergleich zu vielen westdeutschen Städten erhöht. Vor allem Menschen mit geringem Bildungsabschluss und Alleinerziehende sind überdurchschnittlich häufig von Einkommensarmut betroffen.
Die Stadt profitiert von Investitionen in Maschinenbau, Logistik und Wissenschaft, aber die positiven Effekte kommen nicht bei allen Bevölkerungsgruppen an. Niedrige Löhne in bestimmten Branchen, unsichere Beschäftigungsverhältnisse und steigende Wohnkosten in zentralen Lagen halten die Armutsrisiken auf einem relativ hohen Niveau.
- Armutsgefährdungsquote in Sachsen-Anhalt insgesamt über dem Bundeswert; Region Halle–Magdeburg besonders belastet.
- Hohe Betroffenheit von jungen Erwachsenen und Alleinerziehenden.
- Deutliche Unterschiede zwischen stabilen Wohngebieten und benachteiligten Quartieren.
- Regionstyp
- Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts
- Armutsindikatoren
- Armutsgefährdung über Bundesdurchschnitt, insbesondere bei Familien und Jüngeren
- Datengrundlage
- Mikrozensus 2023/2024, Landesstatistik, Studien zu Kinder- und Jugendarmut
- Quelle
- Statistik Sachsen-Anhalt – Soziale Lage

