Säuren sind zentrale Industriechemikalien und zugleich Hochrisikostoffe. Diese Top-10 reiht die gefährlichsten Säuren nach ätzender Wirkung und akuter Systemtoxizität. Bewertet wurden: Gewebeschäden, Dampfgefahr, Reaktivität mit Wasser/Metallen und typische Unfallfolgen.
Übersicht
Fluorantimonsäure
Rang: 1
Als Gemisch aus Fluorwasserstoff und Antimonpentafluorid zählt sie zu den stärksten bekannten Säuren. Die Mischung protoniert selbst schwache Basen, ist stark wasserreaktiv und verursacht sofortige, tiefgehende Verätzungen. Umgang nur in wasserfreier Apparatur.
- H0-Werte deutlich jenseits starker Mineralsäuren
- Greift Glas und viele Kunststoffe an
- Wasser- und feuchte-Luft-Kontakt strikt vermeiden
- Charakter
- Supersäuregemisch HF/SbF5
- Gefahr
- Heftige Reaktion mit Wasser, sofortige Verätzung
- Quelle
- NIH PubChem (Fluoroantimonsäure)
Fluorwasserstoffsäure
Rang: 2
HF durchdringt Gewebe, bindet Calcium und Magnesium und kann lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen verursachen. Symptome sind teils verzögert. Ein lokaler Kontakt kann systemisch tödlich verlaufen.
- Hautkontakt: tiefe Nekrosen, verzögerter Schmerz
- Inhalation: Lungenödem, schwere Reizung
- Notfall: Calcium-Gele/Injektionen nach Leitlinie
- Besonderheit
- Systemeffekte durch Fluoridionen
- Erste Hilfe
- Calcium-Gluconat lokal/parenteral nach Schema
- Quelle
- CDC/ATSDR MMG: Hydrogen Fluoride
Perchlorsäure
Rang: 3
Sehr starke Säure und Oxidator. Konzentrierte Lösungen können bei Hitze oder organischer Kontamination detonationsfähig werden. Abzüge benötigen Spezialwäsche (Perchlorsäure-Hood).
- Starke korrosive Wirkung auf Gewebe und Metalle
- Oxidationsgefahr, besonders >50 %
- Brandfall: toxische, korrosive Gase
- Gefahrenschwerpunkt
- Oxidator + Säure
- Hinweis
- Wasserreaktiv, Wärmeentwicklung
- Quelle
- NOAA CAMEO: Perchloric acid
Chlortrifluorid
Rang: 4
Kein klassische Brønsted-Säure, aber extrem korrosives Fluorierungsmittel. Entzündet zahlreiche Materialien spontan, reagiert mit Wasser explosiv zu HF/HCl. Kontakt führt zu sofortigen Tiefenverbrennungen.
- Siedepunkt ~12 °C, hochflüchtig
- Starke Inhalationsgefahr, Lungenödem möglich
- Behälter können im Brandfall explodieren
- Gefahr
- Spontanentzündung, Gewaltreaktion mit Wasser
- Schutz
- Nur in Spezialwerkstoffen und inert
- Quelle
- NOAA CAMEO: Chlorine trifluoride
Schwefelsäure
Rang: 5
Weltweit wichtigste Industriechemikalie. Konzentriert stark exotherm beim Verdünnen, verursacht schwere Verätzungen und Dehydratisationsschäden. Aerosole/Mist sind besonders gefährlich.
- Reagiert heftig mit Basen und Metallen (H2-Entwicklung)
- Einatmen kann zu Lungenödem führen
- Immer Säure ins Wasser, nie umgekehrt
- UN-Gefahr
- Klasse 8, PG II
- Gesundheit
- „Verursacht schwere Haut-/Augenschäden“
- Quelle
- IPCS/INCHEM ICSC 0362
Salzsäure
Rang: 6
Wässrige HCl ist allgegenwärtig, konzentriert jedoch stark ätzend. Dämpfe führen rasch zu Reizungen von Augen und Atemwegen; oraler Kontakt verursacht tiefe Verätzungen des GI-Trakts.
- Lösungen > 10 % stark reizend bis ätzend
- Langzeitexposition: Zahnerosion dokumentiert
- Reagiert mit Basen unter Wärme und Gasentwicklung
- Gefahr
- Ätzend; Inhalationsrisiko in geschlossenen Räumen
- Folgen
- Strikt Augenschutz/Abzug erforderlich
- Quelle
- UKHSA: Hydrogen chloride overview
Salpetersäure
Rang: 7
Stark korrosiv und oxidierend. Fumige Qualitäten enthalten NO2 und entwickeln nitrose Dämpfe. Kontakt mit Organik kann Entzündung fördern.
- Augen/Haut: schwere Verätzungen
- Atemwege: Pneumonitis, verzögertes Lungenödem möglich
- Korrosiv gegenüber Metallen, starke Wärmeentwicklung
- Arbeitsplatz
- OSHA/NIOSH Werte, strikte Lüftung
- Physik
- Farbloses bis rötlich fuminges Liquid
- Quelle
- NIOSH: Nitric acid
Trifluormethansulfonsäure
Rang: 8
Sehr starke, thermisch vergleichsweise stabile Supersäure. Fumigiert an feuchter Luft, stark korrosiv gegenüber Gewebe und vielen Werkstoffen. Häufiger Einsatz als Katalysator in organischer Synthese.
- GHS: „Verursacht schwere Haut-/Augenschäden“
- Transport: UN 3265, Klasse 8, PG II
- Nur wasserfrei handhaben, kompatible Dichtungen
- Charakter
- Starke Brønsted-Säure (pKa≈−14)
- Einsatz
- Katalyse, Aktivierung
- Quelle
- NIH PubChem: Triflic acid
Fluorsulfonsäure
Rang: 9
Eine der stärksten flüssigen Mineralsäuren. In feuchter Luft stark rauchend; Kontakt erzeugt rasch HF-haltige, hochkorrosive Medien. In Superacid-Gemischen weit verbreitet.
- Reagiert heftig mit Wasser, setzt HF/SO3-Arten frei
- Starke Materialkorrosion, Spezialwerkstoffe nötig
- Brand: Bildung reizender, toxischer Dämpfe
- Gefahr
- Schwere Verätzungen, Atemwegsgefahr
- Hinweis
- Strikte Feuchtevermeidung
- Quelle
- NIH PubChem: Fluorosulfuric acid
Essigsäurechlorid
Rang: 10
Formell kein „Säure“, sondern das Chlorid der Essigsäure. Für die Praxis hochgefährlich: reagiert heftig mit Wasser/Feuchte unter Bildung von HCl-Dampf und Essigsäure. Starker Augen-/Atemwegsreizstoff.
- Hochentzündlich, luft- und wasserreaktiv
- Beim Erhitzen Gefahr giftiger Gase (z. B. Phosgen-Spuren)
- Leckagen: große Isolationsabstände empfohlen
- Gefahr
- Heftige Hydrolyse → HCl-Wolke
- Reaktivität
- Reagiert mit Alkoholen/Basen explosionsartig
- Quelle
- NOAA CAMEO: Acetyl chloride

