Sport ist nicht nur Sieg oder Niederlage – es ist oft eine Geschichte von Rückschlägen, Entschlossenheit und unglaublichem Willen. Ob verletzte Legenden, unterschätzte Teams oder scheinbar verlorene Spiele: Diese 10 Comebacks haben Sportgeschichte geschrieben und Millionen Menschen weltweit bewegt.
In dieser Liste geht es um mehr als Ergebnisse: Wir beleuchten den Weg zurück nach Verletzungen, privaten Krisen oder psychischen Rückschlägen, ordnen die Bedeutung der Comebacks historisch ein und zeigen anhand von Zahlen, Titeln und Rekorden, warum diese Momente bis heute als Sinnbild für Durchhaltevermögen gelten.
Übersicht
- Tiger Woods – Masters 2019
- Liverpool vs. Barcelona – CL 2019
- Michael Jordan – Rückkehr 1995
- Monica Seles – Comeback 1995
- Katarina Witt – Olympia 1994
- Cleveland Cavaliers – NBA-Finals 2016
- Éric Abidal – nach Lebertransplantation
- Jana Novotná – Wimbledon 1998
- Usain Bolt – nach Falschstart 2011
- Andreas Küttel – Comeback auf der Großschanze
1. Tiger Woods – Masters 2019
Zwischen 2008 und 2019 lag über Tiger Woods’ Karriere ein Schatten: Knieprobleme, vier Rückenoperationen, ein spektakulärer privater Absturz und der Absturz in der Weltrangliste. Ärzte und Experten spekulierten offen, ob er jemals wieder vier Runden bei einem Major ohne Schmerzen spielen könne. Nach einer Wirbelsäulenversteifung (Spinalfusion) im Jahr 2017 kämpfte sich Woods langsam zurück auf die PGA Tour und zeigte erste Top-10-Platzierungen – doch ein weiterer Major-Sieg schien für viele unrealistisch.
Beim Masters 2019 in Augusta passte dann auf dramatische Weise alles zusammen: Woods spielte taktisch klug, nutzte die Fehler der Konkurrenz am Schlusstag und holte mit 43 Jahren seinen 15. Major-Titel – den ersten seit der US Open 2008 und seinen ersten Masters-Sieg seit 2005. Kommentatoren sprachen von einem der größten Comebacks der Sportgeschichte, nicht nur im Golf. Die Bilder von Woods, wie er seine Kinder nach dem letzten Putt umarmt, spiegelten den kompletten Bogen seiner Karriere: vom dominierenden Superstar über den tiefen Absturz bis zur späten Erlösung.
- Comeback-Jahr: 2019
- Sportart: Golf
- Erfolg: Sieg beim Masters in Augusta, insgesamt 15. Major-Titel
- Vorgeschichte: Vier Rücken-OPs, darunter eine Spinalfusion 2017; jahrelange Turnierpausen und massiver Absturz in der Weltrangliste
- Bedeutung: Erster Major-Titel seit 11 Jahren und Symbol dafür, dass Woods nach medizinisch fast abgeschriebener Karriere wieder auf höchstem Niveau gewinnen kann
2. Liverpool vs. Barcelona – CL 2019
Nach dem 0:3 im Hinspiel im Camp Nou schien Liverpools Traum vom erneuten Champions-League-Finale praktisch geplatzt. Lionel Messi hatte ein Traumtor per Freistoß erzielt, Barcelona wirkte abgeklärt und brutal effizient. Im Rückspiel an der Anfield Road fehlten dann auch noch die Stars Mohamed Salah und Roberto Firmino verletzt – die Ausgangslage schien hoffnungslos.
Doch Jürgen Klopps Team inszenierte einen Abend, der längst zur Vereinslegende gehört: Doppelpack von Georginio Wijnaldum, eiskalter Abschluss von Divock Origi und der berühmt gewordene „Corner taken quickly“ von Trent Alexander-Arnold, der Barça auf dem völlig falschen Fuß erwischte. Am Ende stand ein 4:0 und der Einzug ins Finale, wo Liverpool später den Titel holte. UEFA, Medien und ehemalige Profis nennen das Spiel bis heute eines der größten Comebacks der Fußballgeschichte – nicht nur wegen der Torfolge, sondern wegen der Kombination aus Taktik, Emotion und Glauben der Fans.
- Comeback-Jahr: 2019
- Sportart: Fußball
- Ausgangslage: 0:3-Niederlage im Halbfinal-Hinspiel beim FC Barcelona
- Erfolg: 4:0-Sieg im Rückspiel an der Anfield Road, später Champions-League-Sieger 2018/19
- Besonderheit: Legendärer Eckball „Corner taken quickly“; Sieg ohne Salah und Firmino; Anfield-Atmosphäre als entscheidender Faktor
3. Michael Jordan – Rückkehr 1995
1993 trat Michael Jordan nach drei NBA-Titeln in Folge überraschend zurück – geschockt vom Tod seines Vaters und ausgelaugt nach Jahren an der Spitze. Er wechselte in den Baseball, spielte im Farmteam der Chicago White Sox und schien die Basketballbühne hinter sich gelassen zu haben. 17 Monate später dann die Kehrtwende: Am 18. März 1995 ging ein Fax an die Medien, auf dem lediglich zwei Worte standen: „I’m back.“ – eines der berühmtesten Statements der Sportgeschichte.
Jordans erste Playoff-Rückkehr 1995 endete noch mit einer Niederlage gegen Orlando. Doch in der Saison 1995/96 dominierten die Chicago Bulls die Liga mit einer damals historischen Bilanz von 72 Siegen und 10 Niederlagen und holten den vierten Titel der Jordan-Ära. Es folgten zwei weitere Meisterschaften 1997 und 1998, der zweite „Three-Peat“ und die endgültige Verankerung Jordans als vielleicht größter Basketballer aller Zeiten. Sein Comeback steht sinnbildlich für den Willen, nach einem selbstgewählten Ausstieg noch einmal an die absolute Spitze zurückzukehren.
- Comeback-Jahr: 1995
- Sportart: Basketball
- Erfolg: Drei weitere NBA-Titel mit den Chicago Bulls (1996–1998), Rekordsaison 72–10
- Besonderheit: Das Fax mit den Worten „I’m back.“ gilt als ikonischer Moment der NBA-Geschichte
4. Monica Seles – Comeback 1995
Monica Seles war Anfang der 1990er-Jahre die dominierende Spielerin im Damentennis: Mehrere Grand-Slam-Titel, ein aggressiver Grundlinienspielstil und eine klare Rivalität mit Steffi Graf. 1993 dann der Schock: Während eines Viertelfinals in Hamburg stürmte ein Zuschauer aus dem Publikum und stach Seles mit einem Messer in den Rücken. Sie war damals 19 Jahre alt, stand auf Platz 1 der Weltrangliste und verschwand danach über zwei Jahre vom Profitennis – körperlich verletzt, mental traumatisiert.
Im August 1995 kehrte Seles in Toronto auf die Tour zurück – und gewann das Turnier sofort. Kurz darauf erreichte sie das Finale der US Open und zeigte, dass sie trotz der Zwangspause noch immer zur absoluten Weltspitze gehörte. Auch wenn sie später nie mehr ganz an ihre Dominanz von 1990–1992 anknüpfen konnte, gilt ihre Rückkehr als eines der eindrucksvollsten Beispiele dafür, nach einem realen Gewaltverbrechen wieder in den Wettkampfsport zurückzufinden.
- Comeback-Jahr: 1995
- Sportart: Tennis
- Ausgangslage: Messerattentat 1993 in Hamburg, mehr als zwei Jahre Pause vom Profitennis
- Erfolg: Sieg beim Comeback-Turnier in Toronto, Finalistin bei den US Open 1995, weitere WTA-Titel
- Besonderheit: Symbol für mentale Stärke und für die Diskussion um Sicherheit und Opferschutz im Weltsport
5. Katarina Witt – Olympia-Comeback 1994
Katarina Witt hatte ihre Amateurkarriere nach Olympia-Gold 1988 eigentlich beendet und war als Profi-Eiskunstläuferin zu einer internationalen Showgröße geworden. Anfang der 1990er-Jahre schien ihre Wettkampfzeit vorbei – zumal inzwischen eine neue Generation jüngerer Läuferinnen dominierte. Dann kündigte Witt die Rückkehr an: Für das vereinte Deutschland wollte sie bei den Olympischen Winterspielen 1994 noch einmal antreten.
Der Weg zurück war hart: Qualifikation bei den deutschen Meisterschaften, Platz 8 bei der EM und schließlich die Teilnahme in Lillehammer. Sportlich reichte es „nur“ zu Rang 7, doch ihre Kür zu „Where Have All the Flowers Gone?“ als Friedensbotschaft an Sarajevo – Austragungsort ihres ersten Olympia-Golds – berührte die Zuschauer weltweit. Ihr Comeback wurde weniger an der Platzierung gemessen, sondern daran, wie eine olympische Legende im Alter von 28 Jahren noch einmal auf höchster Bühne antrat und einen emotionalen Auftritt ablieferte.
- Comeback-Jahr: 1994
- Sportart: Eiskunstlauf
- Erfolg: Platz 7 bei den Olympischen Spielen in Lillehammer
- Besonderheit: Comeback nach Profi-Jahren, erster Olympia-Start für das vereinte Deutschland, emotionale Kür mit Friedensbotschaft
6. Cleveland Cavaliers – NBA-Finals 2016
Die Golden State Warriors kamen 2016 mit einem historischen 73–9 in die Playoffs und galten als fast unbesiegbar. In den NBA-Finals führten sie gegen die Cleveland Cavaliers bereits mit 3:1, hatten zwei Matchbälle und Heimvorteil. Noch nie zuvor hatte ein Team in der Geschichte der NBA-Finals einen 1:3-Rückstand in der Serie gedreht – die Statistik sprach klar gegen Cleveland.
Doch LeBron James und Kyrie Irving starteten eine historische Aufholjagd: James legte in den letzten drei Spielen im Schnitt ein fast „Triple-Double“ auf, blockte in Spiel 7 den berühmten „The Block“ gegen Andre Iguodala und führte sein Team zu einem 93:89-Sieg in Oakland. Damit waren die Cavs das erste Team, das die Finals nach 1:3 doch noch gewann, und holten den ersten NBA-Titel der Franchise-Geschichte – zugleich das Ende einer 52-jährigen Meisterschaftsdurststrecke für die Stadt Cleveland.
- Comeback-Jahr: 2016
- Sportart: Basketball
- Ausgangslage: 1:3-Rückstand in der Finalserie gegen das 73–9-Team der Golden State Warriors
- Erfolg: 4:3-Sieg in der Serie, erster NBA-Titel der Cavs-Geschichte, LeBron James als Finals-MVP
- Besonderheit: Erstes Team, das ein 1:3 in den NBA-Finals drehte; Ende eines jahrzehntelangen „Sportfluchs“ der Stadt Cleveland
7. Éric Abidal – nach Lebertransplantation
Éric Abidal war als Linksverteidiger und Innenverteidiger ein wichtiger Baustein des FC Barcelona zur Blütezeit unter Pep Guardiola. 2011 wurde bei ihm ein Lebertumor diagnostiziert, der zunächst operativ entfernt wurde. Ein Jahr später stellte sich heraus, dass eine Lebertransplantation nötig war – ein Eingriff, nach dem viele Patienten nie wieder Hochleistungssport betreiben können.
Abidal kämpfte sich Schritt für Schritt zurück: Krankenhaus, Reha, individuelles Training. Im April 2013 feierte er sein offizielles Comeback im Barça-Trikot – ein Moment, der im Camp Nou mit minutenlangen Standing Ovations gefeiert wurde. Schon zuvor hatte Kapitän Carles Puyol ihm 2011 nach dem Champions-League-Sieg in Wembley symbolisch den Pokal überlassen. Abidals Rückkehr steht exemplarisch für die Kombination aus moderner Medizin, mentaler Stärke und der Solidarität eines gesamten Clubs.
- Comeback-Jahr: 2013
- Sportart: Fußball
- Ausgangslage: Lebertumor 2011, Lebertransplantation 2012, monatelange Pause
- Erfolg: Rückkehr in den Profikader des FC Barcelona, später weitere Einsätze u. a. für die französische Nationalmannschaft und AS Monaco
- Besonderheit: Symbolfigur des „Ánimo Abidal“-Zusammenhalts; Pokalübergabe nach dem CL-Finale 2011 als starkes Zeichen
8. Jana Novotná – Wimbledon 1998
Jana Novotná ist untrennbar mit einem der bekanntesten „Sportzusammenbrüche“ verbunden: Im Wimbledon-Finale 1993 führte sie gegen Steffi Graf im Entscheidungssatz 4:1, verlor dann die Kontrolle über ihr Spiel, machte Doppelfehler und einfache Fehler – und verlor noch. Die Bilder, wie sie weinend an der Schulter der Herzogin von Kent steht, gingen um die Welt und wurden zum Sinnbild für das Thema „Nervosität im Spitzensport“.
Doch die Geschichte endet nicht dort: Novotná blieb jahrelang eine Topspielerin, erreichte erneut Wimbledon-Finals und gewann 1998 schließlich ihren ersten und einzigen Grand-Slam-Einzeltitel auf dem heiligen Rasen. Nach den Niederlagen 1993 (gegen Graf) und 1997 (gegen Hingis) war der Triumph 1998 der endgültige Beweis, dass sie ihre mentale Blockade überwinden konnte. Das Comeback ist weniger ein einzelnes Match, sondern ein langes Ringen mit Selbstzweifeln – und ein spätes Happy End.
- Comeback-Jahr: 1998
- Sportart: Tennis
- Ausgangslage: Dramatische Finalniederlage 1993 und erneut verlorenes Wimbledon-Finale 1997
- Erfolg: Sieg in Wimbledon 1998, einziger Grand-Slam-Einzeltitel der Karriere
- Besonderheit: Paradebeispiel dafür, wie ein Sportstar nach öffentlichem Scheitern mental zurückschlagen kann
9. Usain Bolt – nach Falschstart 2011
Usain Bolt dominierte die Sprintwelt nach Peking 2008 und Berlin 2009 scheinbar nach Belieben. Umso größer war der Schock bei der WM 2011 in Daegu: Im Finale über 100 Meter machte Bolt einen klaren Fehlstart und wurde nach der damals neu eingeführten „Nulltoleranz“-Regel sofort disqualifiziert. Gold ging an Trainingspartner Yohan Blake – die Bilder des ungläubigen Bolt, der sich das Trikot vom Leib reißt, gingen um die Welt.
Doch Bolts Antwort folgte auf der größten Bühne: Bei den Olympischen Spielen in London 2012 verteidigte er seine Titel über 100 m und 200 m und gewann mit Jamaika auch die 4×100-m-Staffel – drei Goldmedaillen und eine olympische Bestzeit von 9,63 Sekunden im 100-m-Finale trotz Störaktionen eines Zuschauers vor dem Start. Später wiederholte er das Triple in Rio 2016. Sein Comeback zeigt, dass selbst die größten Stars Rückschläge erleben – und trotzdem ihre Dominanz wiederherstellen können.
- Comeback-Jahr: 2012
- Sportart: Leichtathletik
- Ausgangslage: Disqualifikation wegen Fehlstarts im 100-m-Finale bei der WM 2011 in Daegu
- Erfolg: Drei Olympiasiege in London 2012 (100 m, 200 m, 4×100 m), Verteidigung seiner Titel
- Besonderheit: Vom „Dq“ zurück zur Sprint-Ikone – Bolts Status als lebende Legende wurde eher gefestigt als beschädigt
10. Andreas Küttel – Comeback auf der Großschanze
Andreas Küttel gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Skispringern der 2000er-Jahre. Der Athlet aus Einsiedeln gewann mehrere Weltcupspringen, erreichte Podestplätze bei der Vierschanzentournee und sprang persönliche Bestweiten jenseits der 220-Meter-Marke. Doch seine Karriere war auch von Formkrisen und körperlichen Problemen geprägt; nach Topjahren folgten Saisons, in denen er den zweiten Durchgang regelmäßig verpasste.
Besonders bemerkenswert ist sein Weg zurück zur Spitze mit dem Weltmeistertitel von der Großschanze bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften 2009 in Liberec: Unter schwierigen Bedingungen nutzte Küttel seine Erfahrung, führte nach dem ersten Durchgang – und wurde Weltmeister, als der Wettkampf wegen Wind und Schnee nach einem Durchgang abgebrochen wurde. Nach zuvor wechselhaften Jahren und einem harten Konkurrenzkampf im Schweizer Team war dieser Titel so etwas wie die sportliche Krönung seiner Comeback-Phase im Weltcup-Zirkus.
- Comeback-Jahr: 2009 (Weltmeistertitel), letzte aktive Jahre bis 2011
- Sportart: Skispringen
- Ausgangslage: Wechselhafte Resultate, starke Konkurrenz im Schweizer Team, häufige Kämpfe um Weltcup-Punkteränge
- Erfolg: Weltmeister von der Großschanze bei der WM 2009 in Liberec, insgesamt fünf Weltcupsiege, Podest im Gesamtweltcup
- Besonderheit: Später WM-Titel als Höhepunkt einer langen Karriere; Küttel ist heute als Sportwissenschaftler und sportpsychologischer Berater tätig

