Menschenmengen können binnen Sekunden kippen. Diese Übersicht listet die 10 folgenreichsten Menschenmengen-Unglücke nach absoluter Opferzahl und skizziert Ursachen sowie Lehren für Sicherheit und Prävention. Ziel ist Aufklärung, nicht Sensationslust.
Übersicht
- Mina, Hajj-Pilgerfahrt (Saudi-Arabien, 2015)
- Al-Ma’aisim-Tunnel bei Mekka (Saudi-Arabien, 1990)
- Al-A’imma-Brücke, Bagdad (Irak, 2005)
- Kumbh Mela, Allahabad/Prayagraj (Indien, 1954)
- Wasserfest, Phnom Penh (Kambodscha, 2010)
- Estadio Nacional, Lima (Peru, 1964)
- Kanjuruhan-Stadion, Malang (Indonesien, 2022)
- Accra Sports Stadium (Ghana, 2001)
- Sabarimala-Pilgerweg, Kerala (Indien, 2011)
- Hillsborough-Stadion, Sheffield (UK, 1989)
Mina, Hajj-Pilgerfahrt (Saudi-Arabien, 2015)
Rang: 1
Bei der Ramy-al-Dschamarat-Zeremonie in Mina prallten Pilgerströme aufeinander. Enge Engstellen, Hitze und Gegenströme führten zu einer tödlichen Verdichtung. Die Katastrophe gilt als schwerstes Menschenmengen-Unglück der jüngeren Geschichte; unabhängige Zählungen addierten nationale Opferlisten.
- Auslöser: Gegenläufige Ströme an einer Kreuzung.
- Lehren: Einbahn-Führung, Echtzeit-Zählung, Hitzemanagement, Sperrkonzepte.
- Kontext: Mehrere Millionen Teilnehmende auf engem Raum.
- Ort/Datum
- Mina bei Mekka, 24.09.2015
- Todesopfer
- mindestens 2.426 (AP-Auswertung nationaler Angaben)
- Quelle
- Associated Press
Al-Ma’aisim-Tunnel bei Mekka (Saudi-Arabien, 1990)
Rang: 2
Ein Stau im Tunnel nach Mina führte zu Sauerstoffmangel und Panik. In kurzer Zeit kollabierten Strukturen, Menschen wurden erdrückt. Das Ereignis beschleunigte bauliche und organisatorische Reformen beim Hajj.
- Ursachen: Überfüllung, Hitze, fehlende Entlastungsrouten.
- Folgen: Ausbau von Brücken/Tunneln, Kapazitätssteuerung.
- Besonderheit: Lange als tödlichstes Hajj-Unglück geführt.
- Ort/Datum
- Mecca/Mina, 02.–03.07.1990
- Todesopfer
- 1.426
- Quelle
- HISTORY.com
Al-A’imma-Brücke, Bagdad (Irak, 2005)
Rang: 3
Bei einer großen Pilgerprozession löste ein Bomben-Gerücht panische Flucht auf die Brücke aus. Gitter gaben nach, viele stürzten in den Tigris. Das Ereignis prägte Krisenprotokolle für Brücken und Engstellen.
- Ursache: Gerüchte + bereits erhöhte Bedrohungslage.
- Risiko: Sackgassenwirkung durch geschlossene Enden.
- Lehre: Gerüchte-Management, Lautsprecherdurchsagen, Durchflussbarrieren.
- Ort/Datum
- Bagdad, 31.08.2005
- Todesopfer
- 953–965 (offiziell gemeldet: 953)
- Quelle
- CBS/AP
Kumbh Mela, Allahabad/Prayagraj (Indien, 1954)
Rang: 4
Am Hauptbadetag drängten Millionen Pilgerinnen und Pilger zum Fluss. Versagen der Crowd-Control an Engstellen führte zu massiven Quetschungen. Der Vorfall gilt als Zäsur der indischen Großereignis-Sicherheit.
- Ursachen: Flaschenhälse, unzureichende Trennung von Zu-/Abfluss.
- Lehren: Sperrzonen, taktile Leitsysteme, gestaffelte Zeitfenster.
- Historik: Spätere Kumbh-Ausgaben setzten auf starkes Routing.
- Ort/Datum
- Allahabad (Prayagraj), 03.02.1954
- Todesopfer
- ≈ 1.000 (Schätzung)
- Quelle
- Encyclopaedia Britannica
Wasserfest, Phnom Penh (Kambodscha, 2010)
Rang: 5
Auf der schmalen Koh-Pich-Brücke kam es während des Lichterfests zu Gegenströmen und Stillstand. Panik, Hitzestress und Stromschläge durch provisorische Verkabelung verschärften die Lage.
- Auslöser: Gedränge auf Brücke ohne Ausweichraum.
- Schäden: Hohe Zahl an Erstickungen und Sturzverletzungen.
- Lehren: Crowd-Monitoring, wechselseitige Sperrung von Brücken.
- Ort/Datum
- Phnom Penh, 22.11.2010
- Todesopfer
- 347
- Quelle
- Reuters
Estadio Nacional, Lima (Peru, 1964)
Rang: 6
Nach einem umstrittenen Pfiff eskalierte ein Fußballspiel. Tränengas in den Rängen und verschlossene Ausgänge führten zu einer tödlichen Verdichtung in den Treppenabgängen.
- Ursache: Eskalation + polizeiliche Reizgasmittel im geschlossenen Bau.
- Struktur: Abwärtsführende Tunnel mit Engstellen.
- Lehren: Notausgänge, Rückstau-Detektion, Einsatzrichtlinien für Gas.
- Ort/Datum
- Lima, 24.05.1964
- Todesopfer
- 328
- Quelle
- HISTORY.com
Kanjuruhan-Stadion, Malang (Indonesien, 2022)
Rang: 7
Nach einem Platzsturm wurde in geschlossenen Sektoren Tränengas eingesetzt. Flucht in enge Ausgänge führte zu fatalen Quetschungen und Erstickungen. Der Fall löste internationale Reformforderungen aus.
- Ursache: Tränengas in geschlossenen Zuschauerbereichen.
- Lehren: Verbot solcher Mittel in Stadien strikt umsetzen.
- Status: Ermittlungen, Prozesse und Stadionsanierung folgten.
- Ort/Datum
- Malang (Ost-Java), 01.10.2022
- Todesopfer
- 135
- Quelle
- Reuters
Accra Sports Stadium (Ghana, 2001)
Rang: 8
Pyrotechnik, Polizeieinsatz mit Tränengas und blockierte Ausgänge führten bei einem Spitzenspiel zu einem tödlichen Rückstau. Das Unglück gilt als schwerstes Stadion-Desaster Afrikas.
- Ursache: Reizgas + verschlossene Fluchtwege.
- Reformen: Stadionrichtlinien zu Ausgängen und Ticketing.
- Gedenken: Jährliche Mahnveranstaltungen in Accra.
- Ort/Datum
- Accra, 09.05.2001
- Todesopfer
- 126
- Quelle
- Wikipedia – Überblicksartikel
Sabarimala-Pilgerweg, Kerala (Indien, 2011)
Rang: 9
Beim Abstrom nach einer religiösen Zeremonie kippte ein Geländewagen, Menschen stolperten, die Menge verdichtete sich auf einer schmalen Straße. Der Rückweg ohne redundante Routen wurde zum tödlichen Engpass.
- Auslöser: Unfall eines Jeeps im dicht gedrängten Abmarsch.
- Risiko: Dunkelheit, Waldstraße, kaum Ausweichflächen.
- Lehren: Getrennte Zu-/Abwege, Beleuchtung, Staffelung.
- Ort/Datum
- Pullumedu (Kerala), 14.01.2011
- Todesopfer
- 106
- Quelle
- Al Jazeera
Hillsborough-Stadion, Sheffield (UK, 1989)
Rang: 10
Bei einem FA-Cup-Halbfinale wurde ein überfüllter Stehblock weiter befüllt. Der resultierende Druck in den vorderen Pens führte zu Erstickungen. Spätere Untersuchungen sprachen von „unlawful killing“; das Desaster veränderte dauerhaft Stadionsicherheit in Großbritannien.
- Ursache: Fehlgeleitete Zuführung, fehlende Kapazitätskontrolle.
- Lehren: All-Seater-Stadien, Zugangskontrollen, Crowd-Monitoring.
- Wirkung: Umfassende Reform des Stadionbaus und -betriebs.
- Ort/Datum
- Sheffield, 15.04.1989
- Todesopfer
- 97
- Quelle
- Encyclopaedia Britannica

